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Gefängnisseelsorge

Wegschauen ist keine Option

© 2019 Getty Images, cluGefängnis im 19. JahrhundertZu Beginn des 19. Jahrhunderts liegen die Männer in diesem Gefängnis angekettet auf Brettern

Pfarer Uwe Wießner arbeitet als Gefängnisseelsorger in den Justizvollzugsanstalten Rockenberg und Limburg. Jetzt hat er erfahren, dass es bereits im 19. Jahrhundert eine Frau in England gab, die die Situation für Gefangene verbessert hat: Elisabeth Fry. In seiner Online-Andacht erzählt Pfarrer Wießner, dass sie im Königreich Hannover dafür gesorgt hatte, dass mehr als 1000 Gefangenen die Ketten abgenommen wurden.

Kennen Sie Elisabeth Fry (21.5.1780 – 12.10.1848)? Bis vor kurzem war ihr Name und ihre Geschichte auch mir völlig unbekannt. Obwohl etliche Frauen- und Kinderhäuser in Deutschland nach ihr benannt sind. Sogar eine Briefmarke unter der Rubrik „Helfer der Menschheit“ von 1952 zeigt ihr Konterfei.

Auf der Seite der Unterdrückten

Sie verbrachte eine sorglose Kindheit auf dem Landgut ihrer wohlhabenden Eltern. Doch England erlebte die Zeit industriellen  Revolution. Millionen Menschen der Landbevölkerung zogen in die Städte auf der Suche nach Arbeit. Ihre Not wurde als natürliche Bevölkerungsregulierung angesehen. Sie waren rechtlos, ihre Situation verzweifelt. Das Schlimmste: Dieser Zustand wurde als gottgegeben angesehen. Doch Elisabeth Frys religiöse Grundüberzeugung als „Quäkerin“ war eine andere. „Es ist eine Ehre, auf der Seite der Unterdrückten zu stehen“, war ihre Grundhaltung.

Vertrauen der Gefängnisinsassinen und Minister gewonnen

So war die Gründung einer Schule für die verwahrlosten Kinder ihrer Umgebung ihr erstes Projekt. 1813 fand sie beim Besuch des Frauengefängnisses Newgate in London die große Aufgabe ihres Lebens: Die unvorstellbaren Verhältnisse dort veranlassten sie zur Gründung des “Frauenvereins zur Förderung weiblicher Gefangener” (1817). Ihre Leitgedanken waren: Strafe als Erziehung - Erziehung durch Arbeit - Selbstverwaltung der Strafgefangenen - Hilfe für die Entlassenen. Mit ihrem respektvollen Einsatz gewann sie das Vertrauen der Gefangenen, aber auch das der WärterInnen, Direktoren, Minister.

Ihr Engagement führt zu Einladungen nach Irland, Belgien, den Niederlanden und Frankreich. So leitete sie die Umgestaltung des Gefängniswesens unseres europäischen Kulturkreises ein.

Gefangenen wurden die Ketten abgenommen

Im Königreich Hannover erreichte sie, dass mehr als 1000 Gefangenen die Ketten abgenommen wurden. König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen wurde ihr Freund, besuchte sie in London und betraute in Preußen Johann Hinrich Wichern mit der Gefängnisreform. Sie ermunterte zur Ausbildung der Gefängniswärterinnen und Wärter, kämpfte gegen die Sklaverei und Gesetze zur Armutsbekämpfung. Zudem war sie eine Ehefrau und Mutter von 16 Kindern.

Woher sie ihre Kraft, Mut und Energie nahm? Vielleicht führt uns der Wochenspruch zu einer Antwort:

"Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat (1.Johannes 5,4)“

Dazu ein kleines Stück Weisheit:
Eines Tages kam der Rabbi in das Zimmer, wo sein Sohn im tiefen Gebet versunken war. In der Ecke stand die Wiege mit einem weinenden Kind. Der Rabbi sagt zu seinem Sohn: „Hörst du nicht, dass das Kind weint?“ Der Sohn sagte: „Vater, ich war in Gott versunken.“ Da sagte der Rabbi: „Wer in Gott versunken ist, sieht sogar die Fliege, die an der Wand kriecht.“

Ich bin nicht Elisabeth Fry. Doch auch für mich gilt: Wegschauen ist keine Option und mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.

[Uwe Wießner,   Ev. Pfarrer bei der JVA Rockenberg/JVA Limburg]

Du wirst Gottes Kraft in der Schwachheit erfahren,
nicht vorher, nicht daran vorbei.
In der eigenen Schwachheit, in den Dingen,
um die ich einen großen Bogen mache,
meine Tabus, meine wunden Punkte.
Aber es tut nicht nur weh, es tut auch gut,
am wunden Punkt berührt und geheilt zu werden.
Und es führt kein Weg daran vorbei,
wenn es richtig gut werden soll.

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