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„Euro Hawk“-Debatte

Drohnen im Anflug auf den Datenschutz

egeeksen/istockphoto.comDemo bei Sonnenuntergang

Die Debatte um Bundesminister Thomas de Maizière und die sogenannte „Euro Hawk“-Affäre beherrscht derzeit die Schlagzeilen. Erika von Bassewitz hat sich mit Wolfgang Buff, dem Beauftragten für Friedensbildung im Zentrum Ökumene der EKHN, über Drohnen und ihr Missbrauchspotential unterhalten.

Northrop GrummanDrohne Euro Hawk in der Luft

Die Debatte um Bundesminister Thomas de Maizière und die sogenannte „Euro Hawk“-Affäre beherrscht derzeit die Schlagzeilen. Dabei wird vor allem darüber gestritten, wann der Verteidigungsminister welche Informationen erhalten oder auch nicht erhalten haben soll. Erika von Bassewitz hat sich mit Wolfgang Buff, dem Beauftragten für Friedensbildung im Zentrum Ökumene der EKHN über Drohnen und ihr Missbrauchspotential unterhalten.

Herr Buff, was halten Sie von der Diskussion um Verteidigungsminister de Mazière und die Kosten der Drohnen?

Wolfgang Buff: Bei der derzeitigen Diskussion werden unzulässigerweise zwei völlig unabhängige Problemkreise vermengt. Einerseits sollte man die Entscheidung Drohnen anzuschaffen ethisch überprüfen und erst recht deren geplanten oder möglichen Einsatzziele. Andererseits geht es um staatliche Großaufträge, dieses Thema bestimmt die Medien.
Im Moment ist mit dem „Euro Hawk“ ein solches Beschaffungsprogramm mal wieder grandios gegen die Wand gefahren worden. Keiner will schuld sein, aber letztlich hat der Minister die Verantwortung. Entweder hat er falsche Entscheidungen gedeckt oder seinen Laden nicht im Griff. Das aber ist für eine Behördenspitze so oder so nicht akzeptabel und muss Konsequenzen haben. 

Was spricht denn grundsätzlich für den Einsatz von Drohnen?

Buff: Mit dem Begriff Drohnen können ja ganz unterschiedliche Dinge gemeint sein, nicht nur die militärischen Geräte zur  Aufklärung oder zum bewaffneten Einsatz.
Alle Drohnen bewegen sich im Wasser, zu Lande oder in der Luft unbemannt, sind also ferngesteuert und eigentlich sinnvoll vielseitig nutzbar. Sie sind zudem kleiner, leichter, aber auch unauffälliger -  teilweise auch unsichtbar. Nicht zuletzt sind sie kostengünstiger und können länger eingesetzt werden als bemannte Objekte, können also beispielsweise länger in der Luft bleiben als ein Flugzeug mit Piloten. Dies gilt gleichermaßen von der Verkehrüberwachung bis hin zum Bombenabwurf, von der Vermisstensuche bis zur Pizzaauslieferung. Und, das ist gerade bei Kriegsdrohnen ein beliebtes Argument, sie bringen die Leben der eigenen Soldaten nicht in Gefahr. 

Und was spricht dagegen?

Buff: Jeden Einsatz muss man auch  ethisch und politisch bewerten und ihn mit allen direkten und indirekten Folgen einschätzen. Wer bestimmt die Ziele? Wer entscheidet über den Einsatz? Wer kontrolliert den Gebrauch? Im militärischen Bereich hat sich längst gezeigt, dass die Mehrzahl der bewaffneten Einsätze völkerrechtswidrig und einer Demokratie unwürdig ist.
Die leichte Verfügbarkeit verführt geradezu zum Einsatz dieser Techniken als entfesselte Exekutionsmaschinen. Die scheinbare Sicherheit der Anwender führt zu einer ständigen Verunsicherung und oftmals unverhältnismäßigen Gefährdung oder Schädigung der Opfer. Man könnte hunderte von Kilometern vom Ziel entfernt sitzen und jemanden erschießen.

Momentan dreht sich die Berichterstattung um die Kriegsdrohnen. Was halten Sie denn von zivilen Drohnen?

Buff: Im zivilen Bereich ist die Problematik ähnlich. Nicht das technische Instrument als solches ist das Problem, sondern die Fragen: Wer darf was damit unternehmen? Welche Rechte Dritter dürfen dabei  eingeschränkt werden? Und wie lassen sich Einsätze aber auch deren Missbrauch kontrollieren?
Hier stellen sich all diese Fragen sowohl für staatliche Akteure wie auch für private Nutzer. Schon längst sind ganz viele unterschiedliche Drohnen-Einsätze nicht nur im polizeilichen sondern auch im gewerblichen Bereich möglich. Drohnen werden beispielsweise von Stromkonzernen zur Überwachung der Überlandleitungen eingesetzt, das ist kostengünstig und gefährdet niemanden. Oder anstelle des Pizzafahrers könnte eine Drohne die Bestellung frei Haus liefern, das ist technisch durchaus vorstellbar.
Aber auch der ganz persönliche private Gebrauch boomt. Ich mag überhaupt nicht darüber nachdenken, auf welche Ideen der ein oder andere bei der immer leichteren Verfügbarkeit solcher Wunderdinge kommt.

Wo besteht dabei Potential für Missbrauch?

Buff: Es gibt viele Unsicherheiten und Ängste. Man pendelt sehr leicht zwischen Faszination und Technikeuphorie und Beklemmungen, fühlt sich ohnmächtig und ausgeliefert. So lässt sich die fast unsichtbare Überwachung selten auf den Urheber zurückführen. Man fragt sich unweigerlich: Die Technik an sich ist vielleicht gut, aber in wessen Händen? Wichtig sind hier klare Spielregeln. Wenn ein Industrieunternehmen das eigene Gebiet überwacht, dann bin ich kein Technikfeind. Gerne wird neue Technik aber erst eingesetzt und danach über die Folgen und Nebeneffekte des Einsatzes nachgedacht, da bin ich oft fassungslos.
Am Beispiel bewaffneter Drohnen lässt sich das gut belegen. Der Einsatz der Kampfdrohnen zur gezielten Tötung aufgelisteter Feinde hat angeblich militärische Ziele erfüllt und Vorteile gebracht. Aber auf der anderen Seite hat es die demokratische Legitimität der handelnden Staaten massiv untergraben und jedes Vertrauen nachhaltig zerstört.
Grundsätzlich sind im zivilen Bereich ganz viele Anwendungen möglich, wenn eine  Kultur der Transparenz und des Vertrauens besteht. Wichtig ist es,  im Vorfeld Regeln aufzustellen, die auch von jedem Bürger einklagbar sein müssen.  Anderenfalls können durch  polizeiliche Überwachungsdrohnen Freiheit und Demokratie gefährdet, wenn nicht gar zerstört werden.

Wo würden Sie die Grenzen ziehen?

Buff: Es ist keine Frage der Technik an sich, sondern des transparenten und kontrollierten Einsatzes. Man kann mit dieser Technik vorsorglich alles überwachen. Die Datenmenge ist gigantisch. Die Möglichkeit dazu allein verlockt und schockt, wie immer wieder Beispiele aus dem Handlungsspektrum von Geheimdiensten zeigen.
Aber ist es angemessen, den gesamten Kirchentag oder - wie es längst geschieht - alle Stadionbesucher bei einem  Fußballspiel zu überwachen, um einen einzelnen potentiellen Straftäter zu erwischen? Sollte der staatliche Eingriff hier grenzenlos sein? Ich denke nicht.
Der Zweck heiligt nicht alle Mittel. Denken wir in diesem Beispiel nur an die Folgen für das  Recht auf Demonstrationsfreiheit. Ich habe keinen Zugriff darauf, wer alles diese Informationen erhält, wie lange das Material gespeichert und in welchem Zusammenhang wieder genutzt wird. Das Filmen einer Demonstration mit Überwachunsgdrohnen ist nicht legitimierbar. Da werden Daten von Menschen bei einer einmaligen Aktion aufgenommen und ein Leben lang gespeichert. Das ist nicht angemessen.
Hier brauchen wir gesetzliche Regularien, wie sie jetzt schon für Videoüberwachung und Telefonüberwachung im privaten und öffentlichen Raum gelten. Nur so kann sich ein demokratischer Staat seine Legitimation erhalten.

Die Absturzquote ist bei Drohnen recht hoch. Geht davon nicht auch eine Gefahr aus?

Buff: Das Absturzrisiko ist bei den bisher eingesetzten Großeinheiten tatsächlich recht hoch, daher werden die Drohen unserer Polizeibehörden etwa auch meist nur aus dem Nahbereich gesteuert. Hier soll wohl jederzeit eine unmittelbare Eingriffsmöglichkeit durch Menschen bestehen. Aber das sind technische Fragen, die möglicherweise demnächst immer besser beherrschbar werden.

Was wäre Ihrer Meinung nach ein gute Lösung der Drohnen-Frage?

Buff: Wichtig ist es zwischen den strategischen Interessen der Überwachung einerseits und den technischen andererseits zu unterscheiden. Wie viel Überwachung ist legitim? Sie darf nicht als Herrschaftsinstrument eingesetzt werden. Ist sie dennoch verantwortbar? Wenn ja, dann steht den Drohnen vielleicht eine ähnlich unglaubliche Entwicklung wie dem Handy bevor. Als Jugendlicher hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass wir mal mit so einem kleinen Gerät sprechend durch die Fußgängerzone laufen.

Du wirst Gottes Kraft in der Schwachheit erfahren,
nicht vorher, nicht daran vorbei.
In der eigenen Schwachheit, in den Dingen,
um die ich einen großen Bogen mache,
meine Tabus, meine wunden Punkte.
Aber es tut nicht nur weh, es tut auch gut,
am wunden Punkt berührt und geheilt zu werden.
Und es führt kein Weg daran vorbei,
wenn es richtig gut werden soll.

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