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Hinter Gittern

Weihnachten im Jugendgefängnis

Juhla/istockphoto.comJeden Tag die gleichen Schließzeiten

Die Gefangenen im Wiesbadener Jugendgefängnis müssen auch an den Weihnachtsfeiertagen um 19 Uhr in ihrer Zelle sein, die dann verschlossen wird. Während der Festtage begleitet Pfarrer Eckhard Jung die jungen Gefangenen. Thomas Tippner hat mit dem evangelischen Gefängnisseelsorger gesprochen.

Wie fühlt sich das an: Weihnachten und die Adventszeit im Gefängnis?

Eckhard Jung: Es ist für mich eine sehr intensive Zeit, denn Weihnachten ist auch für die Gefangenen ein besonderes Fest. Viele versuchen zwar, es möglichst gelassen zu übergehen, aber kaum einem gelingt dies. Ich merke deutlich, dass die Stimmung in der Adventszeit zunehmend angespannt ist.
Viele haben ein inneres Bild davon, wie Weihnachten gefeiert werden sollte: mit Freunden, in der Familie – vor allem friedlich. Auch wenn manche das vielleicht nie so erlebt haben, ist für sie die Vorstellung, Weihnachten alleine in einer Zelle zu verbringen, hart. Denn auch an Weihnachten muss jeder um 19 Uhr in seiner Zelle sein, die dann verschlossen wird. Für mich ein sehr bedrückendes Bild.
Ich erinnere mich noch, dass ich im ersten Jahr die Idee hatte, für eine Gruppe Jugendlicher Bratäpfel zu backen und dass wir uns dann noch gemütlich zusammensetzen könnten. Das hat überhaupt nicht geklappt. Es war ein ständiges Kommen und Gehen und etliche Bratäpfel flogen aus dem Fenster. Erst später begriff ich, warum mein Angebot nicht funktioniert hatte: Ich habe versucht, etwas schön zu machen, was nicht schön ist.
Und wenn die Feiertage dann auch noch auf Werktage vor oder nach einem Wochenende fallen, wird es besonders schwierig. Dann fehlt vielen die normale Beschäftigung in den Werkstätten. Gerade diese unbeschäftigte Zeit ohne feste Struktur kann dann sehr lang werden. Gerade in diesen Tagen bleibt für die Insassen viel Zeit, in der sie mit sich selbst allein zurechtkommen müssen. Deshalb bin ich gerne auch an den Feiertagen oder „zwischen den Jahren“ im Gefängnis, weil dies eine besondere Zeit ist, in der gute Gespräche möglich sind. Man merkt deutlich, wenn die Feiertage „überstanden“ sind, dass auch die Stimmung wieder besser wird.

Welche Angebote gibt es sonst noch?

Eckhard Jung: Es werden ein paar besondere Aktionen durchgeführt, vor allem in den Unterkunftshäusern und der Sporthalle. So gibt es an den Feiertagen kleine Turniere, auch wird schon mal ein besonderes Essen angeboten. Da die Gefangenen in Wohngruppen aufgeteilt sind, können sie, wenn sie wollen, sich auch ein Wunschessen selbst zubereiten. Auch in den Werkstätten wird sich rund um die Feiertage mal zusammengesetzt und nicht nur gearbeitet. Hier sind die Mitarbeiter gefordert. Man darf nicht vergessen, auch für Bedienstete heißt es: Weihnachten im Gefängnis.
Es gehören natürlich auch die Gottesdienste zum festen Bestandteil des Festes. Der Gottesdienstbesuch ist auch hier im Gefängnis gerade an Heiligabend überdurchschnittlich hoch, da kommen richtig viele – es ist der bestbesuchte Gottesdienst des ganzen Jahres. Wir gestalten ihn ökumenisch und mit Live-Musik. Wenn ich dort die Weihnachtsgeschichte erzähle, wird immer wieder deutlich, dass mancher sie gar nicht kennt. Und obwohl für fast alle Weihnachten ein großes, wichtiges Fest ist, wird es mit allen möglichen Inhalten gefüllt - der christliche Ursprung tritt in den Hintergrund. Häufig wird Weihnachten zuallererst als das Fest der Familie verstanden, dann kommen Tannenbaum und Weihnachtsmarkt. Aber das ist außerhalb der Gefängnismauern nicht viel anders.

Gibt es auch Geschenke?

Eckhard Jung: Ja, das gehört natürlich dazu. Die Familien dürfen nichts schicken, höchstens Geld überweisen. Mit dem katholischen Kollegen bereiten wir kleine Päckchen vor. Wichtig ist uns dabei, dass jeder etwas bekommt, egal zu welcher Religion er gehört oder welcher Abstammung er ist. Der Heiland ist für die ganze Welt geboren, und für den Frieden auf Erden werden ja schließlich alle Menschen gebraucht. Und wer freut sich nicht über Süßigkeiten oder ein paar praktische Dinge. Uns ist es darüber hinaus auch wichtig, dass die Bediensteten etwas bekommen. Es ist eine wichtige Anerkennung für ihren nicht immer einfachen Dienst.

[Interview: Thomas Tippner]

Du wirst Gottes Kraft in der Schwachheit erfahren,
nicht vorher, nicht daran vorbei.
In der eigenen Schwachheit, in den Dingen,
um die ich einen großen Bogen mache,
meine Tabus, meine wunden Punkte.
Aber es tut nicht nur weh, es tut auch gut,
am wunden Punkt berührt und geheilt zu werden.
Und es führt kein Weg daran vorbei,
wenn es richtig gut werden soll.

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