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Kirchenpräsident zum Urteil

Lübcke-Prozess: Lebenslange Haft und ein Aufruf an die Gesellschaft

Regierungspräsidium KasselPortraitfotoDr. Walter Lübcke (* 22. August 1953 in Bad Wildungen; † 2. Juni 2019 in Wolfhagen-Istha)

Im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Hauptangeklagten Stephan E. wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung sieht in dem Urteil aber auch ein Signal an Kirche und Gesellschaft.

Der Hauptangeklagte im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist in Frankfurt zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Schuld von Stephan E. (47) wiege besonders schwer, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel bei der Urteilsverkündung am Donnerstag. Deshalb bleibe die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung einer zweiten Gerichtsverhandlung zu Ende der Haftzeit vorbehalten. Vom zweiten Vorwurf des versuchten Mordes an dem Asylbewerber Ahmed I. wurde der Angeklagte freigesprochen. Der zweite Angeklagte Markus H. (44) wurde von dem Vorwurf der Beihilfe zum Mord freigesprochen. Wegen des illegalen Schusswaffen-Besitzes wurde er aber zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.  Sein  Engagment in rechtsradikalen Netzwerken sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, betonte der Richter bei der Begründung.

Urteil nach 44 Verhandlungstagen

Das Gericht hat das Urteil nach 44 Verhandlungstagen gesprochen. Die Bundesanwaltschaft hat den Angeklagten vorgeworfen, aus rechtsradikaler, fremdenfeindlicher Gesinnung gehandelt zu haben. Sie hatte für Stephan Ernst wegen Mordes an Walter Lübcke und versuchten Mordes an dem Asylbewerber Ahmed I. lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert. Für Markus H. hatte die Anklage neun Jahre und acht Monate Haft wegen Beihilfe zum Mord und illegalen Waffenbesitzes gefordert. Der Anwalt der Familie Lübcke als Nebenkläger, Holger Matt, betrachtete H. als Mittäter des Mordes und hatte für ihn die gleiche Strafe wie für Ernst gefordert. Die Strafverteidiger von Stephan Ernst hatten auf Totschlag im Fall Lübcke und auf Freispruch vom Vorwurf des versuchten Mordes an Ahmed I. plädiert. Die Verteidigung von Markus H. hatte auf Freispruch ihres Mandanten plädiert. 

Kirchenpräsident: Prozess mahnt Verantwortung aller an

Mit dem Urteil über das Verbrechen von Stephan E. ist nach Worten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung „ein Gerichtsverfahren zu Ende gegangen, das viele Menschen sehr bewegt hat“. Jung: „Der Verurteilte hat nicht nur ein Menschenleben zerstört und den Angehörigen und Freunden von Walter Lübcke unermessliches Leid zugefügt. Die Tat war ein heimtückischer Mord und auch ein klar kalkulierter Angriff auf die Gesellschaft mit ihren demokratischen Grundwerten.“ Jung sei „bis heute entsetzt über die furchtbaren Entgleisungen in den sozialen Netzwerken, die dem Ermordeten und seiner Familie noch nach dem Tod entgegenschlugen.“ Als Motivation für sein politisches und humanitäres Engagement habe Walter Lübcke auch sein christlich geprägtes Menschenbild angeführt. Jung: „Es ist erschütternd, dass er so gerade durch seinen Einsatz bei der Aufnahme von Flüchtlingen zum Feindbild wurde. Der Prozess mahnt in meinen Augen deshalb auch unmissverständlich die Verantwortung aller in Kirche und Gesellschaft an, menschenfeindlichem Denken und menschenverachtenden Parolen unerschrocken entgegenzutreten, die Demokratie zu stärken und alles Mögliche zu tun, um Hass und Diskriminierung zu überwinden.“ 

Zentralrat der Juden hält Urteil für „angemessen”

Der Zentralrat der Juden hat das Urteil zu lebenslanger Haft im Prozess wegen Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke begrüßt. Das Urteil gegen den Mörder sei „die angemessene Reaktion auf diese furchtbare Tat”, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster nach dem Urteilsspruch. Das Gericht setze damit zugleich ein klares Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextremismus, erklärte Schuster. Im Prozess seien jedoch auch Versäumnisse bei den Sicherheitsbehörden zutage getreten, denen der Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag nachgehen werde.

Walter Lübcke wurde am 1. Juni 2019 um 23.20 Uhr auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha erschossen. Ahmed I. wurde am 6. Januar 2016 in Lohfelden von einem Fahrradfahrer ein Messer in den Rücken gerammt. Stephan E. legte drei sich gegenseitig widersprechende Geständnisse ab, bezichtigte sich schließlich des Todesschusses und sagte im Prozess aus, während Markus H. zu dem Hauptvorwurf schwieg. Für den Tathergang in beiden Fällen gibt es keine Zeugen. Das Gericht musste sein Urteil anhand der Aussagen der Angeklagten, von Zeugen aus deren Bekanntenkreis, Ermittlern und Gutachtern sowie von Indizien bilden.

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