Soziales
Keine Kunst für Hilfstransporte mehr - Kulturaustausch geht weiter
Karte: BMZ/ Foto: Esther Stosch![Die Region Pinsk in Weißrussland](/fileadmin/_processed_/csm_weissrussland_region-pinsk_17_esther-stosch_titel_296d01b657.jpg)
13.01.2017
epd
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Seit 1997 haben die evangelischen Kirchengemeinden Villingen und Nonnenroth im Landkreis Gießen rund 2.400 Bilder weißrussischer Künstler nach Deutschland geholt und mit deren Abgabe gegen eine Spende zahlreiche soziale und kulturelle Projekte ermöglicht. Damit soll jetzt Schluss sein. „Die zehnte Ausstellung ‚LichtWege‘ im vergangenen Herbst war die letzte“, sagt der Gemeindepfarrer und Mitbegründer der weit über Hessen hinausstrahlenden Benefizaktion, Hartmut Lemp. Der Kulturaustausch werde aber weitergehen.
„Bei Monatsgehältern bis zu 300 Euro im Monat haben die Menschen andere Sorgen“
„Wir wollen auch künftig arme und kranke Menschen in der Region Brest-Pinsk unterstützen, die zu den am stärksten von dem Reaktorunfall in Tschernobyl betroffenen Gebieten gehört“, betont Lemp. Aber auch die Maler, Zeichner und Bildhauer in der Region. Denn auch deren Lage sei schlecht. Viele könnten sich kaum die Farben und Leinwände leisten, und an den Verkauf der Werke in ihrer Heimat sei kaum zu denken. „Bei Monatsgehältern bis zu 300 Euro im Monat haben die Menschen andere Sorgen, als sich ein Bild anzuschaffen“, berichtet der 61-jährige Theologe und Bankkaufmann.
Künstler lassen sich nicht entmutigen
Davon ließen sich die Kunstschaffenden aber nicht entmutigen. Nach Jahrzehnten der Abschottung nutzten sie jede Gelegenheit, mit ihren Westkollegen in Kontakt zu treten: über Ausstellungskataloge, Bildbände, Museumsbesuche, gemeinsame Aktionen. „Anfang der 1990er Jahre waren die weißrussischen Künstler noch einem sowjetischen Realismus verhaftet, danach holten sie gleichsam im Zeitraffer die westliche Kunstgeschichte nach“, berichtet Lemp. „Was bei uns in 200 Jahren passiert ist, wurde dort in 20 Jahren vollzogen.“
Mit Kunst Hilfstransporte finanzieren
„Den bildschaffenden Reichtum des Landes haben wir früh erkannt“, sagt Lemp. In Weißrussland besuchten Kinder schon sehr früh die Malschulen, außerdem genieße das Fach Kunst an den Schulen einen besonderen Förderstatus. „Kunstlehrer zeigten uns bei unseren ersten Besuchen voller Stolz die Ergebnisse ihrer Schützlinge, aber auch Bilder von sich selbst.“ So sei die Idee entstanden, mit Kunst Hilfstransporte zu finanzieren. „Auf Augenhöhe mit den weißrussischen Künstlern“, wie Lemp hervorhebt. Als Partnerorganisation stand der weißrussische Friedensfonds „Fonda Mira“ parat, der unter anderem die Transporte vorbereitet und begleitet.
Fortsetzung des „Herrgottsschnitzer“-Projekts in der Diskussion
Die Weißrussland-Hilfe sei derzeit dabei, ein neues Konzept zu erstellen, berichtet Lemp. So solle es künftig Einzelausstellungen von Künstlern wie Alexander Ulybin, Sergej Kostjuk oder Natalia Tschernogalowa geben. Außerdem werde darüber nachgedacht, im Osten des Kreises Gießen eine Kulturscheune zu errichten. Auch eine Fortsetzung des „Herrgottsschnitzer“-Projekts von Nonnenroth aus dem vergangenen Sommer sei in der Diskussion. „Warum sollte es nicht möglich sein, neben den bereits existierenden drei Meter hohen Skulpturen von Martin Luther und Johannes Calvin auch Frauenfiguren der Reformation wie Katharina von Bora zu schaffen?“, fragt Lemp.
52.000 Euro Spendenerlös von der letzten „LichtWege“-Ausstellung
Für ein neues Kulturprojekt wäre jedenfalls Geld da. Zum einen steht teilweise der Spendenerlös der zehnten und letzten „LichtWege“-Ausstellung in Höhe von 52.000 Euro zur Verfügung. Für die Schau in der Kreisvolkshochschule in Lich hatten 16 Künstler 251 Bilder und 18 Skulpturen zur Verfügung gestellt. Zum anderen erhält die Weißrusslandhilfe für ihre Diakonie- und Sozialstation im Dörfchen Schitnowitze bei Pinsk und die Hilfslieferungen in die Frauen- und Kinderklinik in Brest regelmäßig Spenden von Einzelpersonen und Firmen.
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