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Hilfe nach einem sexuellen Übergriff

tomazl/istockphoto.comFrau abwehrendNach einer sexuellen Belästigung kann es hilfreich sein, im geschützten Rahmen mit einer verständnisvollen und kompetenten Gesprächspartnerin zu sprechen

„Es gibt einen großen Handlungsbedarf, um Mädchen und Frauen vor sexueller Belästigung und vor Übergriffen zu schützen“, sagt Kirsten Langmaack, die das „Zentrum für Frauen“ des Diakonischen Werks in Frankfurt leitet. An die dortige psychosoziale Beratungsstelle können sich Frauen in schwierigen Lebenssituationen wenden, beispielsweise wenn sie sexuelle Übergriffe erlebt haben. Ein Angebot, das gebraucht wird, denn mehr als jede zweite Frau sei von sexueller Belästigung betroffen, darüber informiert der „Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe“ (bff). „Wenn eine Frau mit sexistischen Äußerungen beleidigt, ungewollt berührt oder gar vergewaltigt wird, dann handelt es sich dabei um unterschiedliche Formen sexualisierter Gewalt, die völlig inakzeptabel sind“, erklärt  Karin Kühn, der Arbeitsbereichsleiterin der „Diakonische Dienste“ in Frankfurt.

Orte sexueller Übergriffe: Familie, Bekanntenkreis und Öffentlichkeit

Beratung suchende Frauen, die sich an das Zentrum für Frauen in Frankfurt wenden, erleben sexuelle Übergriffe in erster Linie innerhalb der eigenen Familie oder dem eigenen sozialen Umfeld. Diese Wahrnehmung untermauert auch die Kriminalstatistik 2014 des Polizeipräsidiums Frankfurt. Danach standen 59,2 Prozent der Opfer in Beziehung zum Täter. Laut Kirsten Langmaack hätten viele Beratung Suchende bereits als Kinder sexuellen Missbrauch erfahren; eine weitere größere Gruppe von Frauen leide an sexueller Gewalt durch den eigenen Lebenspartner. Karin Kühn macht deutlich: „Sexualisierte Gewalt kommt in allen sozialen Schichten vor.“ Das bestätigt auch Angela Wagner vom Frauennotruf Frankfurt: „Täter stammen aus einfachen Verhältnissen oder sind Akademiker, sie haben Migrationshintergrund oder auch nicht. Sicher ist aber auch, dass in gut situierten Kreisen, vielleicht eher auf Anzeigen verzichtet wird, und dass in sozialen Brennpunkten auch Nachbarn eher die Polizei rufen.“ Die Beraterinnen machen allerdings auch deutlich, dass viele Delikte nicht angezeigt werden.

Empfehlungen: Was tun nach einem sexuellen Übergriff?

Sich bewusst machen: Opfer tragen keine Schuld
Ein wichtiger Impuls für Opfer sexueller Übergriffe ist laut Arbeitsbereichsleiterin Karin Kühn dieser Gedanke: „Das Fehlverhalten liegt auf der Seite des Täters, nicht auf der Seite des Opfers.“ War der Rock vielleicht doch zu kurz? Quälende Fragen des Opfers nach der eigenen Schuld seien ganz klar mit „Nein“ zu beantworten.

Kontakte zu professionellen Ansprechpartnern – Hilfe holen
Angela Wagner vom Frauennotruf Frankfurt empfiehlt unterschiedliche Kontakte im Handy einzuspeichern oder sich aufzuschreiben, entsprechend dem Bedürfnis der Frauen:

Wenn die Frau die Tat anzeigen möchte:

Die Nummer der Polizei lautet 110.
Eine betroffene Frau kann sich auch gleich an die zuständige Kripo (z.B. in Frankfurt) wenden: 069 - 755 513 08

Wenn die betroffene Person Beratung sucht, um einen Überblick über ihr mögliches Vorgehen zu erhalten, um sich auszusprechen:
Frauennotruf Frankfurt 069 – 70 94 94
Bundesweites Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" 08000 - 116 016
Beratungsstelle im Zentrum für Frauen der Diakonie in Frankfurt und Offenbach
Hilfe bundesweit
Hilfe bei sexuelle Belästigung von Jungen: Zartbitter
Wildwasser – Hilfe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Opferhilfe des Weissen Rings

Bei schwerer sexualisierter Gewalt, einer Vergewaltigung sollte auf jeden Fall die medizinische Soforthilfe aufgesucht werden. Neben einer medizinischen Erstversorgung kann auch die Beweissicherung für eine eventuelle Anzeige erfolgen. Das Opfer der Straftat muss sich nicht auf eine Strafanzeige festlegen, aber die Grundlage für eine spätere Anzeige werden geschaffen:
Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung

Erlebtes ansprechen und um Unterstützung bitten
Die Beraterinnen empfehlen, über das Erlebte mit Menschen zu sprechen, denen sie vertrauen. „Betroffene Frau erleben es als hilfreich, wenn jemand ihren Erzählungen glaubt“,  erklärt Kirsten Langmaack. Möglich sei, ein Familienmitglied oder eine gute Freundin um Unterstützung bei der Suche nach Beratungsstellen oder um Begleitung zu bitten, falls beispielsweise eine Anzeige bei der Polizei aufgegeben werden soll.

Mit Unverständnis aus dem sozialen Umfeld rechnen
Hilfreich ist, wenn das soziale Umfeld mit Verständnis reagiert. Doch möglicherweise fühlen sich Familienmitglieder oder Freundinnen von der Nachricht über einen sexuellen Übergriff überfordert. Wenn eine Freundin z.B. mit Vorwürfen reagiert, möchte diese sich vermutlich selbst das Thema vom ‚Leib zu halten‘. Angela Wagner vom Frauennotruf Frankfurt erklärt: „Das heißt: Es geht gar nicht um die Betroffene, sondern um eine Art Selbstberuhigung der Person, die so reagiert. Wenn betroffene Frauen das verstehen, können sie sich von solchen Beschuldigungen besser schützen.“ Auch die Expertinnen der Diakonie warnen: „Manche Freundschaften können das Erlebte nicht auffangen. Hier leisten Mitarbeitende in professionellen Beratungsstellen gute Unterstützung.“

Beratung aufsuchen, Trauma verarbeiten
„Viele Mädchen und Frauen machen die Erfahrung, dass ihnen niemand glaubt – dann fühlen sie sich, als ob an ihnen selbst etwas falsch ist“, berichtet Zentrumsleiterin Langmaack. Bei den Mitarbeitenden der Beratungsstellen und beim Frauennotruf finden die Frauen hingegen einfühlsame Ansprechpartnerinnen. Zudem sei die Erfahrung von sexualisierter Gewalt oft mit einer eine Traumatisierung verbunden. Denn je geringer die eingene Handlungsfähigkeit erlebt wird, desto höher ist die Gefahr der Traumatisierung. Deshalb sollte das Erlebte professionell aufgearbeitet werden, um Langzeitfolgen zu minimieren oder zu vermeiden. Deshalb verweise die Beratungsstelle betroffenen Frauen bei Bedarf an ausgebildete Traumatherapeuten. Auch der Umgang mit Schuldgefühlen sollte angesprochen werden, „um wieder frei agieren zu können.“

Anzeige bei der Polizei erstatten – das Für und Wider
„Grundsätzlich sollten Straftaten angezeigt werden“, empfiehlt Angela Wagner vom Frauennotruf Frankfurt. Dies würden auch Betroffene sexualisierter Gewalt befürworten. Allerdings gebe es auch Gründe, die für Frauen gegen eine Anzeige sprechen: beispielsweise fehlende Informationen, Befürchtungen, Ängste und die psychische und gesundheitliche Verfassung. Angela Wagner verdeutlicht: „Niemand darf dies übergehen und Druck zu einer Anzeige machen.“ Leider komme dies im privaten Umfeld immer wieder vor. Deshalb: „Nur die Betroffene selbst kann dies entscheiden – sie muss eine Anzeige und ein mögliches Verfahren wollen und durchstehen.“ Auch die Beraterinnen des Zentrums für Frauen betonen das Entscheidungsrecht der Frau und geben zu bedenken: „Die betroffenen Frauen können nicht zwingend eine Verurteilung des Täters erwarten, die Beweisführung ist oft schwierig.“ Deshalb raten sie, in einem juristischen Verfahren dringend zu einer guten Unterstützung und einer kompetenten Begleitung.

Sich Gutes tun
„Wenn das Vertrauen in die eigene Sicherheit erschüttert ist, hilft es darüber zu reden und auch sonst alles zu tun, was gut tut“, empfiehlt Angela Wagner vom Frauennotruf. Auch ein Selbstverteidigungskurs kann Unterstützung bieten – aber nicht, um als Frau die Verantwortung für den eigenen Schutz zu übernehmen. Angela Wagner erklärt: „Aus Berichten von Frauen wissen wir, dass das Gefühl sich unbeschwerter im öffentlichen Raum bewegen zu können, durch solche Kurse gestärkt werden kann.“

Weiteres Vorgehen klären, Vermittlung an Experten
Die psychosoziale Beratung des „Zentrums für Frauen“ hat einen ganzheitlichen Blick auf die Notlage einer Frau. So verweisen die Beraterinnen gegebenenfalls an Rechtsanwälte, vermitteln zu speziell ausgebildeten Therapeuten weiter oder anderen Beratungsstellen. Falls der sexuelle Übergriff durch den Partner stattgefunden hat, ist dies oft mit Ängsten vor Bedrohung verbunden. Dann werden mögliche Wege gesucht und die Frau während der meist langen Phase der Loslösung vom Partner begleitet.

Gesellschaftlich: Gesetzesänderungen und Kampagne für potentielle Täter
Die Beraterinnen des Zentrums für Frauen findet deutliche Worte: „Die Gesellschaft muss sich klar positionieren: Gewalt und sexualisierte Gewalt sind in keiner Form akzeptabel.“  Gute Gründe, weshalb die Expertinnen der Diakonie sich eine gesellschaftliche Kampagne wünschen, die auf ein verändertes Verhalten von Männern zielt. Zudem fordert der bff eine Änderung der Gesetzeslage. So heißt es: „Dem bff sind schon lange zahlreiche Fälle bekannt, in denen Frauen an öffentlichen Orten belästigt, begrabscht und an Geschlechtsteilen angefasst wurden.“ Doch solche Überraschungsangriffe seien laut Wahrnehmung des bff nicht durch den Straftatbestand der sexuellen Nötigung erfasst und damit systematisch straffrei.

Vorbeugender Schutz vor sexuellen Übergriffen

„Es liegt nicht am Verhalten und Auftreten einer Frau, dass es zu einem sexuellen Übergriff gekommen ist“, erklärt Karin Kühn. Sie betont: „Der Täter ist der Verantwortliche!“ In einer Mitteilung äußert sich der bff (Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe) deshalb auch vorsichtig zu vorbeugenden Verhaltenstipps für Frauen. Denn oft spiele Angst in einer bedrohlichen Situation eine Rolle und ein planvolles Handeln sei kaum möglich. Zudem bergen Ratschläge die Gefahr, dass sich Betroffene nach einem Übergriff für ihr vermeintlich falsches Verhalten schämen. Dennoch erachtet der bff für sinnvoll:

  •  bei drohenden Übergriffen im öffentlichen Raum andere Anwesende direkt ansprechen
  • Polizei rufen: 110

Und die Männer?

„Es gibt auch Jungen, die Opfer sexueller Gewalt werden. Allerdings sind hier in Regel auch Männer die Täter“, erklärt Kirsten Langmaack. Sexualisierte Gewalt sei häufig mit dem Thema Macht verbunden und deshalb seien davon Schwächere betroffen, wie auch Kinder. Laut Kriminalstatistik von 2014 des Polizeipräsidiums Frankfurt waren 79,8 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung männlich (insgesamt 269 Männer). Die Tatverdächtigen der Delikte Vergewaltigung und sexuellen Nötigung waren zu 100 Prozent männlich.

Rita Deschner

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Kontakt im Fall von Verdacht auf Missbrauch

Für Verdachtsfälle von Missbrauch in der evangelischen Kirche steht der Stabsbereich Chancengleichheit mit seinen Ansprechpartnerinnen bereit:
www.chancengleichheit-ekhn.de/kontakt/
Tel.: 06151/ 405 414

Schutz des Kindeswohls

Es ist Auftrag und Pflicht aller Verantwortlichen innerhalb der evangelischen Kirche, auf allen Ebenen für den Schutz des Kindeswohls einzutreten und Kindeswohlgefährdung in kirchlichen Diensten konsequent zu begegnen. 
Mit diesen Maßnahmen beugt die EKHN sexualisierter Gewalt vor

Du wirst Gottes Kraft in der Schwachheit erfahren,
nicht vorher, nicht daran vorbei.
In der eigenen Schwachheit, in den Dingen,
um die ich einen großen Bogen mache,
meine Tabus, meine wunden Punkte.
Aber es tut nicht nur weh, es tut auch gut,
am wunden Punkt berührt und geheilt zu werden.
Und es führt kein Weg daran vorbei,
wenn es richtig gut werden soll.

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