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Hanau/Offenbach

Öffentliche Trauerfeier für Mercedes Kierpacz

Christian F. SchmidtIn der Trauerhalle stehen Angehörige am offenen Sarg.Die Familie von Mercedes Kierpacz nimmt Abschied von ihrer Tochter, Schwester und Freundin.

Mercedes Kierpacz wurde am 19. Februar in Hanau erschossen. Neben acht weiteren jungen Leuten ist sie Opfer rechter Gewalt geworden. Am Rosenmontag erwiesen ihr mehrere hundert Menschen die letzte Ehre.

Von Christian F. Schmidt

An diesem Rosenmontag blicken viele Menschen ein letztes Mal in das Gesicht der 35-jährigen Mercedes Kierpacz. Die zweifache Mutter liegt in einem offenen Sarg,  ist in weiß gekleidet.  Um sie herum ist ihre Familie versammelt und nimmt in einem Meer aus Blumen Abschied von ihrer Tochter, Schwester und Freundin.

Hunderte Menschen kommen zu öffentlicher Trauerfeier

Der Neue Friedhof in Offenbach am Main ist von der Polizei abgeriegelt. Die umliegenden Straßen sind bis auf den letzten Parkplatz zugeparkt – mehrere hundert Leute sind gekommen. Viele sind da, um Solidarität zu zeigen, wie es schon bei all den Mahnwachen und Demonstrationen in den Tagen nach dem Anschlag getan wurde. Die Beerdigung ist für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden, „dass alle es sehen können. Damit die Öffentlichkeit die Augen offen hält“, erklärt es einer der Trauernden, „und es soll zeigen, dass wir keine Angst haben!“

Der Sarg der Ermordeten ist geöffnet. Jeder soll sehen, wer da gestorben ist. Der regungslose Körper verdeutlicht in dieser Situation sehr eindringlich, wie schnell ein Leben vorüber sein kann und dass es Menschen gibt, die durch rechtes Gedankengut so stark indoktriniert sind, dass sie die Tode Anderer einfach so in Kauf nehmen.

Eine Kette von Ereignissen

Inmitten der Trauergäste steht Oswald Marshall, 1. Vorsitzender des Vereins Deutscher Sinti. Für ihn liege es jetzt an den Parteien, mehr zusammenzustehen. Die Mitte der Gesellschaft müsse endlich wach werden: „Wir waren alle erschüttert!  Man denkt immer, das kann einem selbst nicht passieren“, entgegnet der ehemalige Olympiaboxer, „aber man sieht, es kann überall passieren und es kann jedem passieren.“  Neben ihm steht in einem der angrenzenden Kirchenräume Simone Barrientos.

Die Bundestagsabgeordnete und Kulturpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Wahlkreis in Würzburg, hat am Morgen von der Beerdigung erfahren. Für sie sei es unter anderem ein Ausdruck des Respekts und der Verbundenheit, an der Trauerfeier teilzunehmen. Auch in ihrem Wahlkreis gab es, wie fast überall in Deutschland, spontane Mahnwachen und Demonstrationen. „Was ich feststelle, ist, dass viele Menschen das in einer Kette von Ereignissen sehen – wie natürlich den Mord an Walter Lübke oder das, was in Thüringen passiert ist und jetzt in Hanau.“

Rechte Gewalt ist Konstante in unserer Gesellschaft

Rechte Gewalt ist nicht mehr nur präsent in Form von Alltagsrassismus und antisemitischen Äußerungen, sondern tritt mittlerweile vermehrt durch direkte physische Gewalt in Erscheinung. Für Simone Barrientos sind die jüngsten Ereignisse auch ein ganz klarer Angriff auf unsere Demokratie: „Wir müssen zusammenstehen, wir müssen laut sein! Demokratie ist nicht einfach so ein Geschenk, das einem so in den Schoß fällt. Demokratie muss jeden Tag erkämpft und verteidigt werden! Das ist, glaube ich eine große Lehre aus all dem, was im Moment gerade passiert hier. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit! Wir haben das, glaube ich, lange gedacht: „Wenn man die einmal hat, dann ist die da und dann ist es gut“. Aber dem ist nicht so. Die wird ja massiv angegriffen.“

Und plötzlich sind alle still 

In der Trauerhalle  wird es plötzlich still. Ein Saxofonist stellt sich mit seinem Instrument direkt neben die Verstorbene. Als er zu spielen beginnt, brechen immer mehr Menschen in Tränen aus oder versinken in ihre Andacht. Es ist ein Moment des Geleits, des Abschieds und auch des Gedenkens der weiteren acht Opfer von Hanau, die am 19. Februar mit Mercedes Kierpacz gestorben sind.

Die Bedrohung durch rechte Gewalt ist durch Hanau noch realer geworden und scheint von der Gesellschaft nun endlich als solche wahrgenommen zu werden – mit neun Menschenleben wurde dafür ein hoher Preis bezahlt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gut:
Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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