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Kostüm-Verbot in Wiesbaden

„Lasst doch den Kindern ihre Verkleidung“

Jörn von LutzauHexe in KitaKostüme sind für die meisten Kinder ein Riesenspaß.

Auf der Facebook-Seite der EKHN gehen die Meinungen um das Wiesbadener Kostümverbot weit auseinander. Was aber sagt der Propst für Süd-Nassau dazu?

Gemeinnützige Medienhaus GmbHPortrait Propst Dr. Sigurd RinkPropst Dr. Sigurd Rink

Anlass für die hitzige Diskussion war die Vorgabe der Evangelischen Kita „Königskinder“, ihren Kindern zu verbieten, sich an Karneval als Hexen, Zauberer oder Teufel zu verkleiden. Nun bezieht Sigurd Rink, Propst für Süd-Nassau, in einem Interview Stellung und erläutert die theologischen Hintergründe. Gegenüber Reporterin Charlotte Mattes plädiert er für eine entspannte Kirche.

Kostüm-Zensur zu Fasching – was ist in der Wiesbadener Kindertagesstätte eigentlich passiert?

Sigurd Rink: Das Problem war, dass an Halloween ein Kind verkleidet zum Kindergarten kam und die Leiterin des Kindergartens es gebeten hat, den Hut abzuziehen um dort nicht als Zauberer zu erscheinen. Offensichtlich hatte die Gemeinde gesagt: „An Halloween wollen wir diese Form der Verkleidung nicht.“ Das Verbot soll aber nicht nur für Halloween, wo es aus reformatorischer Sicht verständlich ist, sondern auch für die Fastnacht gelten

Warum dürfen sich die Kinder dort nicht als Zauberer oder Hexe verkleiden?

Rink: Vor dem Hintergrund des biblischen Zeugnisses hat die Gemeinde gesagt: „Du sollst dich von Zauberern, Hexen und Magiern fernhalten.“ Und als solche sollten die Kinder auch nicht verkleidet auftauchen. 

Die Bibel verbietet also Hexen-Kostüme?

Rink: Es stellt sich die Frage, wie man an dieser Stelle diese biblischen Zeugnisse aufnimmt [5. Buch Mose 18, 9-14, Anm. der Redaktion]. Da ist natürlich nicht von Kinderverkleidung die Rede, sondern davon, dass Menschen im Glauben an Gott abgelenkt worden sind. Etwa durch Aberglauben, dem Glauben an andere Götter, Zauberer oder dämonische Mächte. Von daher gesehen, würden diese Figuren auch wirklich dem christlichen Glauben widersprechen. Ich bezweifle allerdings, dass die Verkleidung, um die es ging, wirklich ernsthaft so was wie „Magie“ zum Inhalt hatte.

Darf eine Kirchengemeinde das Tragen bestimmter Kostüme in der Kindertagesstätte einfach verbieten?

Rink: Natürlich kann der Kirchenvorstand sagen, welche Regeln er für die Kindertagesstätte aufstellt. Zum Beispiel: Halloween liegt zeitgleich mit dem Reformationstag – und der Kirchenvorstand entscheidet sich: „Wir wollen die Tendenzen zu Halloween nicht verstärken, sondern ein Reformationsfest feiern.“ Dann ist der Kirchenvorstand an dieser Stelle auch frei, das zu tun. 

Und wie sieht es zur Fastnacht aus?

Rink: Der Kirchenvorstand als Träger hat da alle Freiheiten so zu handeln, wie er es für richtig hält. Er ist natürlich auch gut beraten, sich mit den Eltern abzustimmen. 

Macht ein Kostüm-Verbot denn Sinn?

Rink: Aus theologischen Gründen macht das Verbot keinen Sinn. Wenn ich so etwas wie Hexen, Teufel oder Magier verbiete, gebe ich ihm eine gewisse Wichtigkeit. Nach unserem theologischen Verständnis ist es so, dass Gott derjenige ist, der unser Leben bestimmt. Hexen, Teufel und Magier sind im Grunde genommen gar nichts. Sie sind es noch nicht mal wert, dass ich mich damit beschäftige – von daher gesehen möchte ich ihnen auch keinen künstlichen Wert einräumen, wie es gerade im Moment passiert. 

Aber viele Kinder wachsen mit dem Teufel als böse Kraft in der Welt auf…

Rink: In der Geschichte haben sich in der Tat viele Menschen mit dem Thema beschäftigt. Aber die neuere Diskussion hat gezeigt, dass Gott als Schöpfer eine Wirklichkeit ist, auf die wir vertrauen können. Und zu der es keine Gegenmacht gibt. Die Welt ist demnach nicht dualistisch, sie ist nicht in Gut und Böse getrennt. Spätestens seit dem 20. Jahrhundert ist die Vorstellung eines personifizierten Teufels nicht mehr aktuell. In der neueren Diskussion ist die Hölle dann, wenn Gott abwesend ist. 

Welche Auswirkungen hat die Berichterstattung über das Kostüm-Verbot?

Rink: Es ist natürlich zunächst einmal ein negativer Effekt. Solch eine Haltung kommt ein bisschen moralin-sauer daher. Also nach dem Motto: „Jetzt wollt ihr unseren Kindern auch noch verbieten, dass sie sich an Fasching entsprechend verkleiden.“ Oder „Ach du liebe Güte, jetzt machen sie sich noch an so was fest.“ Dass die Deutsche Presseagentur dpa die Meldung verbreitet hat, ist ihr gutes Recht. Es passt aber auch wunderbar in die Diskussionslage zurzeit. 

Steht die Kirche also als Spielverderber da?

Rink: Ja. So kommt es bei den meisten Menschen an. Es gibt in dieser Sache viele Kommentare auf Webseiten, aber auch Leserbriefe und dergleichen mehr. Es kommt kein Bild einer entspannten Kirche rüber. Es scheint, dass sie nicht mit einem gewissen Augenzwinkern und Lächeln sagen kann: „Lasst doch der Jugend ihren Lauf und den Kindern ihre Verkleidung.“

Wie finden Sie persönlich das Kostüm-Verbot?

Rink: Ich habe mir über eine solche Frage noch nie Gedanken gemacht. Ehrlich gesagt, weiß ich heute nicht mehr, ob eines von unseren drei Kindern in den zahlreichen Jahren der Kindheit oder Jugend in solchen Verkleidungen gegangen ist. Im Zweifelsfall hätten wir es auch nicht verboten. Ich kann es aber auch respektieren, wenn es Menschen gibt, die sagen: Mit diesem Hexen- und Teufelszeug wollen wir nichts zu tun haben. 

Infos zur Kita-Arbeit
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist Träger von 601 Kindertagesstätten mit knapp 40.000 Plätzen. In diesem Jahr investiert die EKHN rund 40 Millionen Euro an kirchlichen Eigenmitteln in die Kita-Arbeit. Das sind pro Kind und Jahr über 1000 Euro.
Mehr zum Thema Kindertagesstätten in der EKHN auch beim Zentrum Bildung mit den Leitlinien für die Arbeit mit Kindern.  

Gut:
Das heißt für mich -
frei und befreit von allem,
was ich aus Angst und Ärger tief
in mir vergraben habe.

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