Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote der EKHN zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular und auf facebook sind wir offen für Ihre Anregungen.

Menümobile menu

1521-1933:

Über 500 Jahre evangelisch

© Stephan KrebsIm 19. Jahrhundert ist die evangelische Kirche fest mit dem Staat verwoben. Davon zeugen bis heute etliche große Kirchbauten, so auch die Katharinenkirche in Oppenheim.

Die EKHN ist 75 Jahre jung, fußt aber auf einer langen Tradition. Das Christentum ist im heutigen Gebiet der EKHN bereits seit nahezu 1500 Jahren heimisch.

Vielschichtig im 16. Jahrhundert: Warum sind die Regionen in der EKHN so unterschiedlich geprägt?

Die Gedanken der Reformation kommt früh in das heutige Gebiet der EKHN. Evangelisch gesinnte Prediger und ihre Unterstützer*innen sind dort schon vor 1520 unterwegs. Im heutigen Gebiet der EKHN treffen in der Reformationszeit die verschiedenen Glaubensauffassungen besonders intensiv aufeinander. Hier ist der Grenzbereich zwischen den reformatorischen Einfluss-Zonen.

Der Fürstbischof Albrecht in Mainz ist eine besonders prominente und mächtige Stimme des „alten Glaubens“, ihm steht mit Landgraf Philipp von Hessen einer der überzeugtesten und mächtigsten Anführer der evangelischen Seite gegenüber. Neben diesen beiden „großen“ gibt es eine Vielzahl kleiner Fürsten, die sich ihren eigenen Weg durch die turbulenten Zeiten bahnen. Manche gehen mit Luther, andere orientieren sich an Ulrich Zwingli, Martin Bucer und Johannes Calvin und werden reformiert, wieder andere bleiben „altgläubig“, also katholisch. Sie bestimmen damit die Konfession ihrer Untertanen gleich mit.

So entsteht ein konfessioneller Flickenteppich. Später kommen als Glaubensflüchtlinge noch Hugenotten aus Frankreich und Waldenser aus Italien hinzu. Um ihres Glaubens willen waren sie aus ihrer Heimat vertrieben worden und finden in Hessen nun eine neue Heimat. Schon damals erweist die Region ihre hohe Integrationsfähigkeit. Die ursprüngliche konfessionelle Prägung der Gebiete erkennt man bis heute an den Kirchen in den Ortskernen und an deren Ausstattung.

Pietistisch im 17. und 18. Jahrhundert: Kann man zugleich fromm und liberal sein?

Die EKHN wird heute gerne als zugleich fromm, liberal und gesellschaftskritisch bezeichnet. Was andernorts nicht zusammenzupassen scheint, findet in der EKHN zusammen. Das hat sicher damit zu tun, dass die vielfältigen Einflüsse im Gebiet der EKHN immer wieder zu Austausch und Debatten anregen.

Dafür steht auch Philipp Jakob Spener, eine der großen Leitfiguren des Pietismus, der von 1666 bis 1686 in Frankfurt wirkt. Hier schreibt er auch sein berühmtestes Buch, die „Pia Desideria“, eine der grundlegenden Schriften des Pietismus. Das Erbe des Pietismus und die daran anknüpfende Erweckungsbewegung sind heute noch im Nordwesten der EKHN lebendig.

Fusioniert im 19. Jahrhundert: Aus Viel wird Vier.

Anfang des 19. Jahrhunderts stoßen im Gebiet der EKHN erneut große Einflusszonen aufeinander. Während sich das südlichere Hessen-Darmstadt nach Frankreich orientiert, steht das nördlichere Nassau unter preußischem Einfluss. Zunächst Napoleon und dann der Wiener Kongress ordnen den Flickenteppich der deutschen Lande neu. Nach 1815 existieren im Gebiet der heutigen EKHN nur noch vier Herrschaften:

  • Das Großherzogtum Hessen und bei Rhein mit der Hauptstadt Darmstadt
  • Das Herzogtum Nassau mit der Hauptstadt Wiesbaden
  • Die Freie Stadt Frankfurt
  • Die kleine Landgrafschaft Hessen-Homburg mit der Hauptstadt Homburg vor der Höhe.

Jede hat ihre eigene Landeskirche. Deren Territorien lassen zusammengesetzt schon die Kontur der heutigen EKHN erkennen. Darin finden sich noch heute die vielen Residenzstädte aus der Zeit der kleinen Territorien: Katzenelnbogen, Lich, Erbach und viele andere. Heute sind sie hübsche Ausflugsziele.

Beachtlich: Nassau vorn!

Das Territorium des ehemaligen Herzogtums Nassau hat seinen Sitz in Wiesbaden. Es geht aus über 20 Vorgänger-Herrschaften unterschiedlicher konfessioneller Prägung hervor. Dieses große Durcheinander geht man im Herzogtum Nassau besonders schnell an, denn Herzog Wilhelm selbst ist reformiert, seine Gattin Luise aber lutherisch. Deshalb können sie nicht gemeinsam zum Abendmahl gehen. Eine Synode in Idstein fasst im August 1817 Lutherische und Reformierte zu einer – unierten - Kirche zusammen. Diese erste Union von Reformierten und Lutheranern in einem Flächenland findet drei Monate vor der großen preußischen Union pünktlich zum 300jährigen Jubiläum der Reformation statt.

Übrigens: Nassau hat ab 1818 auch das erste flächendeckende staatliche Gesundheitswesen. Doch das Herzogtum existiert nur kaum 60 Jahre. Nach dem Krieg zwischen Preußen und Habsburg 1866 werden Nassau, Frankfurt, das frühere Hessen-Homburg zusammen mit dem Kurfürstentum Hessen-Kassel zur preußischen Provinz „Hessen-Nassau“ zusammengefasst. Hier fällt erstmals dieser Name. Allerdings bezeichnet er damals noch nicht das Gebiet der heutigen EKHN, sondern ein deutlich nach Norden verschobenes Gebiet. Dazu gehören Nord- und Mittelhessen, nicht jedoch Südhessen.

Wuchtig: Evangelische Staatskirchen

Im 19. Jahrhundert ist die evangelische Kirche fest mit dem Staat verwoben. Davon zeugen bis heute etliche große Kirchbauten. Mit ihnen dokumentieren die Herrscher die enge Verbindung von „Thron und Altar“, zugleich stillen sie ihr Repräsentationsbedürfnis. Herzog Adolph I. fördert in Wiesbaden den Bau der Marktkirche als „Nassauer Landesdom“, Kaiser Wilhelm begünstigt in der von ihm regelmäßig besuchten Kurstadt Bad Homburg vor der Höhe den Bau der Erlöserkirche. Auch in Darmstadt hat man zum Reformationsjubiläum 1917 großartige Baupläne. Zu spät, denn der Erste Weltkrieg macht sie zunichte.

Tragisch im 20. Jahrhundert: Warum geht die Trennung von Staat und Kirche zunächst so furchtbar schief?

Das Ende der „Fürstenkirchen“ kommt abrupt. Im November 1918 danken die Fürsten ab und überlassen die Kirchen sich selbst. 1919 löst die Weimarer Reichsverfassung die Einheit von Kirche und Staat auf. Die Kirchen sind fortan Institutionen des öffentlichen Rechtes, aber vom Staat unabhängig und damit auch eigenverantwortlich. Für Nassau, Frankfurt und Hessen-Darmstadt werden Landeskirchentage als Vorform heutiger Synode gewählt und setzen dann eigenes Kirchenrecht.

Das synodale Prinzip in der evangelischen Kirche ist also erst 100 Jahre alt, obwohl das „Priestertum aller Getauften“ und damit die Mitverantwortung aller für den Glauben eigentlich eine reformatorische Ur-Idee ist. Doch diese Idee muss erst neu gelernt werden. Das Projekt Demokratisierung der Kirche scheitert im ersten Anlauf, denn die Sehnsucht nach dem Kaiser oder einer anderen starken Figur ist noch zu groß. Weite Teile der Kirche, vertreten durch die „Deutschen Christen“, öffnen sich dem Führerkult und dem Gedankengut der Nationalsozialisten.

Diese Seite:Download PDFDrucken

Tu, was zu tun kannst.
Und dann ist gut, denn mehr geht nicht.
Alles weitere kann ich in die Hände Gottes legen
und darauf vertrauen, dass er es wohl gut mit mir meint.
(Carsten Tag zu Prediger 9,10)

to top