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Dr. Elisa Klapheck

www.elisa-klapheck.de

Spannend, bewegt und voller Wendungen. So lässt sich das bisherige Leben von Elisa Klapheck beschreiben. Heute lebt sie in Frankfurt, ist Rabbinerin, Professorin, schreibt aktuelle rabbinisch-politische Kommentare – mischt sich mit jüdisch-liberalem Blick ein in gesellschaftliche Debatten. Dabei waren und sind Feminismus und Gleichberechtigung wichtige Teile des Denkens und Handelns der Frau, die 1962 in Düsseldorf geboren wurde.        

Mit 20 Jahren bedeutete Feminismus für Elisa Klapheck, sich Denkräume zu erkämpfen. In ihren 30ern verstand sie sich immer mehr als religiöse Jüdin, las 1995 zum ersten Mal öffentlich aus der Tora vor,  gründete mit weiteren liberal eingestellten Juden eine Betergemeinschaft, in der Männer und Frauen  gleichberechtigt sind (Egalitärer Minjan) und drang so langsam in die männlich geprägte Synagogenwelt ein.

Sie gehörte zu den Initiatorinnen der ersten „Tagung europäischer Rabbinerinnen, Kantorinnen, rabbinisch gelehrter Jüdinnen und Juden“, der „Bet Debora Berlin",  schrieb  ein Buch über die erste Rabbinerin der Welt – und begann ein Rabbinatsstudium, weil sie nach vielen Zweifeln schließlich „eine Bestimmung zur Rabbinerin fühlte“.

Erste Rabbinerin in den Niederlanden

Mit 41 Jahren, im Jahr 2004,  wurde Elisa Klapheck zur Rabbinerin ordiniert, der vierten in Deutschland,  bekleidete dann für einige Jahre als erste Frau in den Niederlanden dieses Amt und  gründete als Rabbinerin in Frankfurt einen Verein zur Förderung der angewandten jüdischen Wirtschafts- und Sozialethik. Mit 50 promovierte sie über die politische Tragweite im Werk der Religionsphilosophin Margarete Susman und erhielt später in Paderborn eine Professur für Jüdische Studien.

Feminismus muss religiösen Leben durchdringen

„Ich bin Feministin, aber mein Feminismus hat sich geändert“, sagt Elisa Klapheck. Ihre  Schwerpunkte haben sich verschoben: vom „entdeckerischen Feminismus“ und der Suche nach weiblichen Vorbildern in Geschichte und religiösen Schriften über den Kampf für Gleichstellung im jüdischen Leben bis hin zu der heutigen Überzeugung: „Wenn Frauen im Judentum die Religion ausklammern, kommen sie mit der Gleichberechtigung nicht weit.“ Es reiche nicht, wenn Jüdinnen sich nur für eine äußere Gleichberechtigung einsetzten, sagt Klapheck. Dann säßen Frauen zwar auf Führungspositionen oder in Verbands-Vorständen. Wenn sie aber in eine orthodoxe Synagoge gingen, setzten sie sich weiterhin auf die Frauengalerie und „akzeptieren so im religiösen Leben ein Menschenbild, in dem die Frauen von den Männern getrennt werden“, sagt Klapheck.

Jüdisch-feministische Theologie

Beim Blick in die Geschichte ist die Rabbinerin davon überzeugt, dass „nicht die Religionen die Gleichberechtigung geschaffen haben, sondern die gesellschaftlichen und politischen Bewegungen“. Die jüdische Tradition sei immer stark gewesen, wenn „säkulare und religiöse Aspekte eine Allianz eingehen“. Und so heißt auch Feminismus für sie heute: „Eine jüdisch-feministische Theologie muss das Säkulare bejahen und sich davon produktiv beeinflussen lassen.“

Diese Einflüsse reichen weit, in der Bankenstadt Frankfurt bis hin zu Finanzen und Wirtschaft, oft kompliziert und mühsam. Auch sie selbst, studierte Politologin, langjährige Journalistin und promovierte Philisophin, ließ sich von einer befreundeten Finanzmathematikerin die Welt von Aktien, Derivaten und Geldflüssen erklären. Diese Erkenntnisse verband sie mit ihren religiösen Studien – und handelte.

Gründung des Vereins Torat HaKalkala

Mit anderen gründete sie 2011 den Verein Torat HaKalkala, der eine jüdische Perspektive auf die wirtschaftspolitischen Herausforderungen formulieren will. Der Verein bezieht sich dabei auf die Wirtschafts- und Sozialethik, die sich über Jahrtausende in Tora und Talmud entwickelt hat. Frauen erlebe sie in dieser Debatte nur selten, sagt sie -  und hält das für einen großen Fehler ihrer Geschlechtsgenossinnen: „Ich finde es eine Sünde, wenn Frauen keine Ahnung haben, wie Wirtschaft funktioniert.“ Deshalb sei die Vereinsgründung  bei ihr  auch aus einem „inneren feministischen Impuls heraus geschehen“, sagt sie rückblickend.

Positive Perspektive des Judentums in Deutschland

Gesellschaftliche und politische Zusammenhänge bestimmten ihr Leben von Anfang an. 1962 wurde Elisa Klapheck in Düsseldorf geboren, ihre Eltern waren die Jüdin Lilo Lang und der erst später zum Judentum übergetretene Vater Konrad Klapheck, Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Mit 13 Jahren zog sie in die Niederlande, in „das Land, in das meine Großeltern vor den Nazis geflüchtet waren“. Dort begann sie später ein Politikstudium, kehrte 1982 mit 19 Jahren bewusst nach Deutschland zurück, um zu „einer Generation von Juden zu werden, die nach dem grauenvollen 20. Jahrhundert wieder eine positive Perspektive des Judentums in Deutschland – und nunmehr: Europa entwickelt“.

Nach dem Studienabschluss und Volontariat beim Berliner Tagesspiegel arbeitete sie  als Journalistin bei taz und Deutscher Welle TV und wechselte 1997 als Pressesprecherin zur Jüdischen Gemeinde in Berlin.

Deutschlandweit gibt es nur sieben Rabbinnerinnen

Den Entschluss, Rabbinerin zu werden, fasste sie erst spät – und durchaus zögerlich. Zwar verbietet  keine jüdische Schrift Frauen, Rabbinerin zu werden. Doch für orthodoxe Juden ist das so gut wie undenkbar, und so gab es kaum Vorbilder. Noch heute arbeiten in Deutschland nur sieben Rabbinerinnen, weltweit seien es rund 1000, sagt Klapheck. Sie stieß auf Regina Jonas, die 1935 in Offenbach zur weltweit ersten Rabbinerin ordiniert wurde – und schrieb ein Buch über sie. 

Rabbinerin der liberalen Synagogengemeinschaft 'Egalitärer Minjan'

Elisa Klapheck ist heute keine Gemeinde-Rabbinerin der Synagoge in Frankfurt, Gemeinde-Rabbiner sind zwei orthodoxe Männer. Sie ist „Rabbinerin der liberalen Synagogengemeinschaft 'Egalitärer Minjan' in der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main“. Die liberale Synagogengemeinschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt sind, hält ihre Gottesdienste im linken Anbau der Westend-Synagoge. Als Einheitsgemeinde vereint die Frankfurter Synagoge zwar orthodoxe und liberale Strömungen unter einem Dach, doch an der komplizierten Selbstbezeichnung der Rabbinerin wird deutlich, wie viel auch heute noch in der Gleichberechtigung zu tun ist.

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Tu, was zu tun kannst.
Und dann ist gut, denn mehr geht nicht.
Alles weitere kann ich in die Hände Gottes legen
und darauf vertrauen, dass er es wohl gut mit mir meint.
(Carsten Tag zu Prediger 9,10)

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