Halloween: Gruselspaß oder Gefahr für Kinderseelen?

Wer nach forschem Klingeln abends am 31. Oktober die Wohnungstür öffnet, hat den Eindruck, dass sich vor ihm eine lebendige Szene aus einem Horror-Film im Mini-Format aufbaut: Kleine Teufel, Hexen oder Werwölfe drohen den Bewohnern mit gruseligen Scherzchen, wenn sie sie nicht mit Süßigkeiten besänftigen. „Süßes oder Saures,“ lautet die schaurige Forderung der verkleideten Kinder an Halloween. Evangelische Christen greifen dann gern zu Lutherbonbons oder Lutherkeksen. Damit erinnern sie an den Reformationstag, der auch an diesem Tag gefeiert wird.
Der Brauch, Halloween zu feiern, stammt aus Irland und ist mit den irischen Auswanderern in die USA gekommen. Dort ziehen verkleidetet Kinder mit dem Spruch „Trick oder treat“ (Streich oder Süßigkeit) von Haus zu Haus. Von den USA kam das Fest zurück nach Europa, allerdings unter einem stärkeren kommerziellen Aspekt. Aber weder Markt noch Medien können den Siegeszug erklären. Was fasziniert Kinder, Jugendliche und zunehmend auch Erwachsene am schaurigen Fest?
Angst spielend unter Kontrolle
Pfarrerin Doris Joachim-Storch, die Referentin für Gottesdienst im Zentrum Verkündigung der EKHN, erklärt: „Bei der Liebe und bei der Angst sind wir verletzlich. Da sind wir im Innersten berührt. Halloween spielt mit dem Gespenstischen, spielt mit dem Grusel und der Angst.“ Dazu würden äußere Elemente in Szene gesetzt. Kinder und Jugendliche verkleideten sich als Fledermäuse, trügen nachgemachte Spinnweben, Kostüme mit den Umrissen eines Skeletts. „Halloween ist Party, laut und lustig und irgendwie auch gruselig. Aber die Geister, die man ruft, sind beherrschbar“, erklärt die Pfarrerin. Sie fährt fort: „Denn wenn ich selbst in die Rolle von Geistern schlüpfe, dann mache ich sie lächerlich. Besonders wenn ich ein Kind bin. Genau dieser Beherrschung des Angstmachens dienen die Halloweenbräuche.“
Lust am Rollentausch
Halloween kommt der Lust entgegen, Regeln zu überschreiten. „Da werden die sozialen Verhältnis einmal umgekehrt: Kinder bekommen einen höheren Status als die Erwachsenen“, erklärt die Referentin aus dem Zentrum Verkündigung. An Halloween sei es den Kindern erlaubt, die Erwachsenen zu erschrecken. Damit übernähmen die Kinder die Rolle der Mächtigen, die selbst keine Angst haben.
Gefahren vermeiden – Mit Kindern über den Schrecken sprechen
Allerdings warnt Pfarrerin Joachim-Storch: „Natürlich ist das auch zweischneidig. Das Fest kann kippen, beispielsweise wenn satanistische Gruppen Halloween als Tag des Teufels feiern. Aber das geschieht in der Regel nicht. Diese Bräuche dienen in erster Linie dem Spaß, der Überwindung von Angst und dem Dampf ablassen.“ Einige evangelische Theologen geben zu bedenken, dass manchmal die Neugierde größer als die seelische Kraft sein könne, das Begehrte auszuhalten. So seien auch Kratzer auf der Kinderseele nicht ausgeschlossen. Deshalb sei es sinnvoll, wenn Eltern und Verantwortliche in Kindergärten mit den Kindern über die Bedeutung des Festes sprechen.
Mit Spaß dabei
Grundsätzlich gibt Doris Joachim-Storch allerdings Entwarnung: „Lassen Sie den Kindern den Spaß, die Erwachsenen zu erschrecken und von ihnen Süßigkeiten zu erpressen. Es ist ein Spiel, das durchaus positive Aspekte hat.“
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