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Zahlreiche Formen des Fastens

Wenn ein Ende des Winters abzusehen ist, boomen die Fastenangebote in Zeitschriften, in den Auslagen der Buchhandlungen und im Internet. Bis ins 20. Jahrhundert hatte das Fasten meist religiöse, aber auch ganz praktische Gründe. Heute fasten viele, um abzunehmen und Körper und Geist bewusster zu erleben. Ging es früher meist um den Verzicht auf Fleisch, andere hochwertige Speisen und Alkohol, so verzichten heute manche zeitweise auf das Auto, auf Süßigkeiten oder aufs Handy. Hier geben wir eine kleine Übersicht aus der kaum überschaubaren Palette der Angebote

Christliche Wurzeln des Fastens

Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Dann beginnt nach der christlichen Tradition die  Fastenzeit, die mit dem Osterfest endet. So wie Jesus nach der biblischen Tradition 40 Tage in der Wüste betete und fastete, so war es seit in der Frühzeit der Kirche geboten in den sieben Wochen vor Ostern auf Fleisch und bestimmte Speisen zu verzichten. Der Sinn bestand darin, sich das Leiden Jesu bewusst zu machen. Ein praktischer Aspekt des Fastens lag darin, dass nach einem langen Winter die Lebensmittelvorräte knapp waren und gestreckt werden mussten. 

Wie die Evangelischen fasten

Die Reformatoren lehnten die kirchlichen Fastengebote als Bußübung ab. Durch sie könne das Wohlwollen Gottes nicht erlangt werden. So begann Ulrich Zwinglis Reformation in der Schweiz mit einem demonstrativen Wurstessen am ersten Sonntag der Fastenzeit. Als ehemaliger Mönch fastete Martin Luther zwar, meinte aber, der Mensch werde „nicht durch das Fasten angenehm bei Gott, sondern allein durch die Gnade, allein durch den Glauben“. Auch wenn die strengen Fastenregeln früherer Zeit längst vergangen sind, suchen bis heute viele Christen in der Passionszeit ihren Glauben durch bewussten Verzicht zu konzentrieren und geistlich zu wachsen. 

Viele Evangelische verzichten in der Passionszeit auf Alkohol oder auf Fleisch. Andere nutzen diese Zeit für eine leichte Ernährung, um nicht nur der Seele, sondern auch dem Körper etwas Gutes zu tun. Andere steigen sieben Wochen lang aufs Fahrrad und verzichten aufs Auto. Ihnen geht es um die eigene Gesundheit, aber oft auch darum, sich mit den klimaschädlichen Folgen des Individualverkehrs auseinander zu setzen. Eine besonders schwere Fastenübung ist es für Jugendliche, für ein paar Wochen auf‘s Handy zu verzichten.

Und weil es in Gemeinschaft wesentlich leichter fällt, alte Gewohnheiten zu überwinden, bieten einige Kirchengemeinden Fastengruppen an. Aber auch ganz neue Formen des Fastens erfreuen sich in der evangelischen Kirche großer Beliebtheit.  So denkt die Fastenaktion „7 Wochen ohne“ um die Ecke, wenn sie zu „Sieben Wochen ohne Kneifen“ oder „Sieben Wochen ohne sofort!“ auffordert. 

Fasten für Leib und Seele

Weit über jede religiöse Bindung streben die modernen Formen des Heilfastens nach seelischem Wohlbefinden und verbesserter Gesundheit. Wer fastet, sollte sich fragen, was er oder sie erreichen will. Geht es darum, Abstand vom Alltag zu gewinnen und sich selbst zu finden? Sollen Ernährungsgewohnheiten umgestellt und der Körper entgiftet werden? Oder soll das Fasten helfen, bestimmte Symptome oder Krankheiten zu verbessern? Erklärtes Ziel aller neueren Fastenformen ist die Abnahme des Körpergewichts. Alle neuen Fastenformen verlangen Verzicht, lassen die Fastenden aber nicht hungern und locken mit der Lust an der neuen Befindlichkeit. Manche Kuren werden ärztlich begleitet. Hier ein paar Beispiele:

  • Beim Fasten nach Hildegard von Bingen greift modernes Heilfasten auf mittelalterliches Wissen über den Zusammenhang von Nahrung und Medizin zurück. Die Basis dieser Fastenernährung ist der Dinkel. Dazu kommen Bewegung, Ruhe und Meditation. Die Nonne entdeckte eine stark reinigende und entgiftende Wirkung des Fastens.
  • Beim Heilfasten nach Buchinger gibt es einmal täglich einen Frucht- oder Gemüsesaft zur Vitaminversorgung, einmal täglich eine Gemüsebrühe zur Mineralstoffversorgung, Kräutertee nach Belieben und viel Wasser zu trinken. Fett wird abgebaut und das „Glückshormon“ Serotonin " ausgeschüttet.
  • Die Therapie nach dem österreichischen Arzt Franz Xaver Mayr regeneriert den Darm von Grund auf.  Das Fasten mit Milch und Semmeln baut Fett ab.
  • Beim Fasten mit Obst und Gemüse geht es darum, den Körper zu entsäuern. An Rohkost, Salat, Kräutern und Keimlingen kann man sich satt essen und genießen bei gleichzeitigem Fettabbau.
  • Ayurvedafasten verbindet tägliches Yoga und Meditation mit der ayurvedischen Küche aus Getreideporridge, schmackhaft gewürzten Suppen und frisch gepressten Obst- und Gemüsesäften sowie vielfältigen Gewürzen. Ayurvedafasten versprich neue Impulse für den Alltag und wieder ein Stück mehr mit sich im Einklang zu leben. 

Intervallfasten

Beim Intervallfasten kann man wählen zwischen längeren täglichen Essenpausen oder ganzen Fastentagen. Fasten bedeutet nicht unbedingt nichts zu essen, sondern auf Kohlehydrate wie Brot, Nudeln, Kartoffeln und Zucker zu verzichten. Diese Form des Fastens entspricht den alten kirchlichen Fastenregeln, wo nur an verschiedenen Tagen unterschiedlich streng gefastet wurde. Bekannt ist bis heute die Regel „Freitags gibt‘s Fisch“, die bis heute auch viele Kantinen einhalten.

Politisches Fasten als Kampfmittel

Mahatma Gandhi gilt als Begründer des Hungerstreiks. In der 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts verweigerte er mehrfach wochenlang jegliche Nahrung, um sein Volk von einem Bürgerkrieg abzuhalten, zu dem es tatsächlich nicht kam. Auch die linksextreme Rote Armee Fraktion setzte nach 1972 den Hungerstreik als massives Druckmittel in deutschen Gefängnissen ein, um ihre Haftbedingungen zu verbessern. 2013 griffen mehrfach Flüchtlinge zum Kampfmittel des Hungerstreiks. Ob Ärzte zum Mittel der Zwangsernährung greifen dürfen, ist umstritten.

Sterbefasten

Nicht wenige zum Tode Erkrankte beenden ihr Leben, indem sie die Nahrung verweigern. Sie fasten bis zum Tod. Liegt eine entsprechende Patientenverfügung vor, werden sie auch nicht künstlich ernährt. „Wenn Patienten für sich beschlossen haben, nicht mehr essen und trinken zu wollen, dann sollten wir das als Behandler beachten und respektieren“, sagt Lukas Radbruch, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Und die evangelische Theologin Andrea Peschke meint, zur Menschenwürde gehöre es auch, selbst zu entscheiden, wann ich aufhöre zu essen und zu trinken.

[hag]

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Tu, was zu tun kannst.
Und dann ist gut, denn mehr geht nicht.
Alles weitere kann ich in die Hände Gottes legen
und darauf vertrauen, dass er es wohl gut mit mir meint.
(Carsten Tag zu Prediger 9,10)

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